Konstruktion: Konkretisierung_restriktiv:Klammern

Aus Umwelt- und Komfortgründen sind wir seit Jahren passionierte Bahnfahrer. Heuer fuhren wir in die Oststeiermark und nahmen die Räder mit. Weil der Urlaub am 29. 7. endete, wollten wir am Freitag, 28. 7., gegen 17 Uhr die Räder auf dem Bahnhof Fehring aufgeben. Wir erlebten aber eine böse Überraschung:
KE:KlammerumgebungDies sei erst am folgenden Montag in der Früh möglich und
{
KE:Bezugsausdruckder Beamte
(KE-lex:Klammern
KE:Klammerausdruck Bahnhofsvorstand
)KE-lex:Klammern
}
KE:Klammerumgebung könne uns nicht helfen , da er keinen Zugang zur Kasse habe .
In seltsam schadenfrohem Ton fügte er hinzu: "Sparmaßnahmen der Regierung."

Diese Konstruktion ist Teil der Konstruktionsfamilie Konkretisierung:Klammern

Die Konstruktion wird in der Literatur bzw. in Grammatiken auch thematisiert unter:

Konstruktionstyp:

Graphematische Konstruktion

Struktur/Form der Konstruktion:

X_(Y)

Die Konstruktion Konkretisierung_restriktiv:Klammern besteht aus einem KE:BezugsausdruckBezugsausdruck, der durch einen nachfolgenden KE:KlammerausdruckAusdruck in KlammernKE-lex:Klammern präzisiert wird. Dabei wird die Extension des Bezugsausdrucks eingeschränkt bzw. werden dem Bezugsausdruck semantische Merkmale hinzugefügt. Die Konstruktion ähnelt somit einer selbstinitiierten Selbstreparatur, wobei die Denotation des "Reparandums" (= des KE:BezugsausdruckBezugsausdrucks) durch die Denotation der "Reparatur" (= des KE:KlammerausdruckKlammerausdrucks) nicht aufgehoben, sondern nur eingeschränkt wird.

Die Konstruktion erbt von der übergeordneten Konstruktion Attribution:Klammern die Eigenschaft, dass ein - i.d.R. nominaler - KE:BezugsausdruckKopf durch einen unmittelbar nachgestellten KE:KlammerausdruckAusdruck in KlammernKE-lex:Klammern erweitert wird (vgl. Ziem et al. 2023). Sie wird vor allem als Satzglied oder Satzgliedteil geschriebener Sätze realisiert, kann aber auch syntaktisch selbständig (etwa in listenhaften Aufzählungen) vorkommen. In ersterem Falle fungiert die Konstruktion als eine (auf die schriftliche Modalität beschränkte) Möglichkeit, eine sekundäre Prädikation zu realisieren. Weiterhin erbt sie von der die Familie der Klammerkonstruktionen konstituierenden Konstruktion Sekundäre_Information:Klammern die informationsstrukturelle Information, dass der Informationswert des KE:Klammerausdruckeingeklammerten Ausdrucks im Vergleich mit dem Informationswert der KE:KlammerumgebungKlammerumgebung nachrangig ist (vgl. Ziem et al. 2023).

Der Konstruktion entsprechen echte - d.h. nicht bloß graphematische, sondern auch mündlich realisierbare - Parenthesen, in denen der KE:KlammerausdruckKlammerausdruck durch Ausdrücke wie nämlich oder und zwar eingeleitet wird.

Morphosyntaktische Komplexität & Kategorie

variabel
Schematizität Idiomatizität Beschränkungen
0.25 - -
Modalität

schriftlich

Konstruktionselemente (KE) Kern Konstruktionselemente mit lexikalisch festen Instanzen (KE-lex)

Klammern

Gemeinsam mit den Anführungszeichen bilden die KlammernKE-lex:Klammern die Klasse der einzigen echt paarigen Zeichen (Bredel 2008: 82). Aus historischer Sicht lag die Funktion von Klammern laut Bredel (2008: 139) zunächst darin, "(verzichtbare) Kommentare eines Autors" als solche zu kennzeichnen (vgl. auch Klein 1998), davon ausgehend dann weiterhin, verschiedene Textebenen zu unterschieden (Bredel 2008: 140). Gallmann (1985: 167) beziffert als ihre Funktion, das KE:KlammerausdruckEingeklammerte als weglassbar oder nebensächlich zu kennzeichnen. Bei der Öffnenden Klammer handelt es sich um ein proklitisches Interpunktionszeichen i.S.v. Bredel (2008: 34), d.h. sie lehnt sich an das unmittelbar folgende Wortmaterial an und kann nur zusammen mit diesem auf die nächste Zeile verschoben werden. Bei der schließenden Klammer handelt es sich um ein enklitisches Interpunktionszeichen i.S.v. Bredel (2008: 34), d.h. sie lehnt sich an das unmittelbar vorangehende Wortmaterial an. Da es sich bei der Konstruktion Konkretisierung_exemplifizierend:Klammern um eine phrasale (statt morphologische Einheit) handelt, greifen hier die graphotaktischen Beschränkungen für syntaktische Bildungen: Der Öffnenden Klammer geht ein Spatium voran, der schließenden Klammer folgt ein Spatium oder Interpunktionszeichen.

Beispiel:

Eine Benefiz-Singleparty steigt am Samstag, 18. Dezember, 20 Uhr, im ehemaligen Rewe- Markt in Gebhardshain. Der Erlös wird zwei schwerkranken dreijährigen Jungen aus der Region zugute kommen. Veranstalter ist ein Team aus Freunden beider Familien. Der Hintergrund: Bei Tarek aus Katzwinkel wurde Medulloblastom-Krebs diagnostiziert, ein Tumor hinter dem Kleinhirn. Derzeit läuft in der Klinik eine Stammzellenbehandlung. Für seine beiden Geschwister und die allein erziehende Mutter ist die Situation äußerst schwierig. Geld wird auch für David aus Alsdorf gebraucht, der an Krampfanfällen leidet. Eine teure, aber viel versprechende Delfintherapie in der Türkei würde seine Heilungschancen verbessern.
{
KE:BezugsausdruckDie Partygäste
(KE-lex:Klammern
KE:Klammerausdruck nicht nur Singles
)KE-lex:Klammern
}
KE:Klammerumgebung nehmen an einer Tombola teil .
Eintritt: 7,50 Euro, gleichzeitig günstige Getränke. Weitere Informationen gibt es im Internet unter.

Konstruktionselemente (KE) Kern Weitere Konstruktionselemente (KE)

Bezugsausdruck

Das KE KE:BezugsausdruckBezugsausdruck geht dem KE:Klammerausdruckeingeklammerten Ausdruck voraus. Er kann durch eine NP genau wie eine VP oder einen Satz realisiert werden.

Klammerausdruck

Der KE:KlammerausdruckKlammerausdruck folgt mit den ihn umgebenden und sich an ihn anlehnenden KlammernKE-lex:Klammern seinem KE:BezugsausdruckBezugsausdruck. In kategorialer Hinsicht handelt es sich beim KE:KlammerausdruckKlammerausdruck i.d.R. um eine Nominalphrase, eine Verbalphrase oder eine satzwertige Konstruktion. In funktionaler Hinsicht wird damit das Denotat eines nominalen oder verbalen KE:BezugsausdruckBezugsausdrucks durch einen Ausdruck mit merkmalhaltigerem Denotat oder identifizierbarer Referenz ersetzt; die Extension des KE:BezugsausdruckBezugsausdruck wird somit durch den KE:KlammerausdruckKlammerausdruck eingeschränkt - mitunter auch durch einen auf ein Individuum verweisenden Eigennamen.

Nach mehreren ähnlichen Reaktionen zuckte Kiss zurück: Er teile "die grundsätzlich ablehnende Haltung der VP zu gesellschaftszerstörenden Sekten".
KE:KlammerumgebungSein Besuch der Londoner Europa-Zentrale der Sekte sei eine persönliche Angelegenheit gewesen , er habe lediglich
{
KE:Bezugsausdruck" einen alten Freund "
(KE-lex:Klammern
KE:Klammerausdruck VP-Gemeinderat Alfred Szcepanski
)KE-lex:Klammern
}
KE:Klammerumgebung , der Mitglied der Sekte ist , begleitet .

Oftmals wird der Charakter der Konstruktion unterstrichen, indem der KE:KlammerausdruckKlammerausdruck mit Präzisierung anzeigenden Ausdrücken wie genauer oder genauer gesagt eingeleitet wird:

Manchmal glaubt man ein altes Problem schon besser verstanden und der Lösung näher, wenn man es neu benennt. Seit Jahren bereitet
{
KE:Bezugsausdruckdas Drogenproblem
}
Sorge
{
(KE-lex:Klammern
KE:Klammerausdruck genauer : jener Teil davon , den eine nicht ganz willkürfreie Gesetzgebung und Moral kriminalisiert hat
)KE-lex:Klammern
}
, nicht ganz so lange und nicht ganz so intensiv der brutalisierende Einfluß der Fernsehprogramme ; seit vielen Jahrhunderten entlädt das Chaos der Menschenseele sich in Kriegen und Verbrechen , in Massenhysterien und individuellen Neurosen , in Wahnsinn und Selbstmord .

Auch (echte oder konstruierte) Zitate kommen vor, z.B. wenn der KE:BezugsausdruckBezugsausdruck selbst auf einen sprachlichen Ausdruck oder eine sprachliche Handlung verweist oder wenn damit ein Ereignis eines bestimmten Typs "gezeigt" werden soll.

Klammerumgebung

Als KE:KlammerumgebungKlammerumgebung wird grundsätzlich der Text vor der öffnenden und nach der schließenden Klammer des KE:KlammerausdruckKlammerausdrucks verstanden, von dem der Klammerausdruck als informationell sekundär abgesetzt wird. Die KE:KlammerumgebungKlammerumgebung gehört somit zur primären (präziser: im Verhältnis zur Denotation des KE:KlammerausdruckKlammerausdrucks vorrangigen) Information. Die Konstruktion erbt diese Interpretation von der die Familie der (nicht-morphologischen) Klammerausdrücke konstituierenden Konstruktion Sekundäre_Information:Klammern.

Kern-KE-Sets
BezugsausdruckKlammerausdruck

Konstruktionselemente (KE) Nicht-Kern

Konstruktionselemente (KE) Korrelierende Elemente (KorE) exemplarisch

Bredel, Ursula (2008): Die Interpunktion des Deutschen. Ein kompositionelles System zur Online-Steuerung des Lesens, Linguistische Arbeiten, 522 Tübingen: Niemeyer, 189–194.
Gallmann, Peter (1985): Graphische Elemente der geschriebenen Sprache. Grundlagen für eine Reform der Orthographie, Reihe germanistische Linguistik, 60 Tübingen: Niemeyer.
Klein, Wolf Peter (1998): Über Schriftpartikel, oder: Warum man manchmal aus einer Mücke einen Elefanten machen darf, in: Harden, Theo / Weydt, Harald (Hrsg.): Stauffenburg-Festschriften, 5, Tübingen: Stauffenburg, 177–186.
Ziem Alexander / Barteld, Fabian / Böbel (in Begutachtung): The German FrameNet Constructicon, in: Ziem Alexander / Willich, Alexander / Michel (Hrsg.): Constructing constructicons: issues, approaches, and cross-linguistic perspectives, Amsterdam: Benjamins, Pages.