Konstruktion: Diminutiv:N-lein

Ohne dieses Buch jedenfalls wäre der Literaturfrühling um ein großes Werk ärmer. Allerdings müsste man dem unscheinbaren , in Recyclingpappe gebundenen
{
KE:DiminuiertesBüch
leinKE-lex:lein
}
einen dicken , leuchtenden Warnhinweis verpassen : Achtung , Literatur mit Risiken und tränenreicher Nebenwirkung ! Nach den nicht einmal 60 Seiten hockt man als schniefendes Bündel auf dem Sofa und wünscht sich, die Welt da draußen möge kurz verstummen und anhalten, damit diese Geschichte den Raum zum Nachhallen bekommt, den sie verdient.

Diese Konstruktion ist Teil der Konstruktionsfamilie Diminutiv

Diese Konstruktion ist Teil der Konstruktionsfamilie Umkategorisierung

Die Konstruktion wird in der Literatur bzw. in Grammatiken auch thematisiert unter:

Konstruktionstyp:

Morphologische Konstruktion

Struktur/Form der Konstruktion:

N-lein

Bei der Konstruktion Diminutiv:N-lein handelt es sich um eine Verkleinerungs- bzw. Verniedlichungsform eines Substantivs, die mittels Derivation zustande kommt.

Die Konstruktion besteht aus dem lexikalisch festen Kern-Konstruktionselement (KE-lex) -leinKE-lex:lein sowie dem internen Kern-Konstruktionselement (Kern-KE) KE:DiminuiertesDiminuiertes.

Weiterführende Informationen

Das Suffix -lein wird vorwiegend im süddeutschen Sprachraum zur Diminuierung verwendet. Im Standarddeutschen ist hingegen der Diminutiv mit -chen vorherrschend (siehe Diminutiv:N-chen) (vgl. Nekula 2003: 157).


Morphosyntaktische Komplexität & Kategorie

komplexes WortDerivation
Schematizität Idiomatizität Beschränkungen
0.5 unidiomatisch ja (formseitig + semantisch/pragmatisch)
Varietät: diatopisch

süddeutsche Varietäten (v.a. Bairisch)

Konstruktionselemente (KE) Kern Konstruktionselemente mit lexikalisch festen Instanzen (KE-lex)

lein

Das KE-lex dieser Konstruktion wird durch das Suffix -leinKE-lex:lein realisiert. Dieses wird an die Stammform des Substantivs angehängt und signalisiert, dass es sich um eine Verkleinerungsform handelt.

Beispiel:

Jetzt entscheidet das Volk. Schluep : Das
{
KE:DiminuiertesZüng
leinKE-lex:lein
}
an der Waage kann gut und schlecht sein . Wir haben schweizweit eine Patt-Situation, weil der linke und der rechte Block gleich stark sind.

Konstruktionselemente (KE) Kern Weitere Konstruktionselemente (KE)

Diminuiertes

Das interne Kern-KE KE:DiminuiertesDiminuiertes geht dem KE-lex -leinKE-lex:lein unmittelbar voraus und wird durch den Wortstamm eines Substantivs realisiert. Endungen auf -e und -el entfallen in den meisten Fällen (Zunge > Zünglein, Spiegel > Spieglein). Darüber hinaus findet häufig ein Wechsel des Stammvokals zu einem Umlaut statt (Vogel > Vöglein).

Diminuierte Substantive sind - unabhängig ihres ursprünglichen Genus - sächlich (der Tisch > das Tischlein) (vgl. Christen/Baumgartner 2021).

Beispiel:

Wie Dagobert Ducks erster selbst verdienter Taler, so liegt auch dieTamm I unter Glas. Umgeben wird das
{
KE:DiminuiertesFrachter
leinKE-lex:lein
}
von circa 36_000 weiteren Bonsai-Schiffen , aufgereiht auf schmalen Regalen in langen beleuchteten Vitrinen , die den Raum beherrschen . Das Ganze wirkt wie eine Installation, ein Kunstwerk, das an die Pillendosenschränke von Damien Hirst denken lässt oder die Additionsexzesse der Hanne Darboven.

Konstruktionselemente (KE) Nicht-Kern

Konstruktionselemente (KE) Korrelierende Elemente (KorE) exemplarisch

Christen, Helen / Baumgartner, Gerda (2021): Annali, Ruedi, Mami. Das Diminutiv und seine Rolle bei der Entstehung und Verfestigung onymischer Neutra, Linguistik Online 107(2), 177–208.
Nekula, Marek (2003): System und Funktionen der Diminutive. Kontrastiver Vergleich des Deutschen und Tschechischen, Germanistisches Jahrbuch Tschechien-Slowakei 11, 145–191.